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Eine kleine Herdgeschichte

Im Erdgeschoss des Kavalierhauses, dem ehemaligen Gästehaus des Amtsvogtes, werden im Erdgeschoss gutbürgerliche Wohnverhältnisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts gezeigt. Der in der Küche vorhandene Herd soll uns nun einmal anregen, über die Entwicklung des Herdes bis heute nachzudenken.

 

Schon früh erkannten unsere Vorfahren, dass gekochtes Essen nicht nur schmackhafter, sondern auch erheblich bekömmlicher als rohes ist. Spuren belegen, dass in der Steinzeit Vertiefungen im Boden, in die eine Steinplatte gelegt wurde, die Unterlage für das Feuer bildeten. Die Nahrung wurde an einem Spieß gegart oder, in Lehm oder Blätter eingewickelt, direkt in die Glut gelegt.

 

Bis ins Mittelalter hinein veränderte sich im Prinzip nur wenig an dieser Kochtechnik. Die Feuerstelle wurde nicht mehr nur auf dem Boden, sondern etwas rückenfreundlicher auf Sockeln oder Blöcken platziert. Doch das offene Feuer erzeugte Rauch und Funkenflug. Einzige Abzugsmöglichkeit für den Rauch waren kleine Ritzen in Wänden und Decken. Dieser Ort galt als gefährlich und sehr geruchsintensiv. Erst im fortschreitenden Mittelalter wurde die Küche als separater Raum überhaupt in Häuser und später auch in Wohnungen integriert.

 

Doch es sollte noch lange dauern bis der erste geschlossene Herd 1735 erfunden wurde. Seine Erfindung war der erste Schritt, das Feuer unter einer Herdplatte zu versenken. Es wurde aber noch mit Holz oder Kohle angeheizt, weshalb der gesamte Arbeitsaufwand recht hoch blieb. Trotz dieser sensationellen Erfindung blieb die offene Feuerstelle aber bis ins 20. Jahrhundert hinein Bestandteil vor allem des ländlichen Haushalts. Die Töpfe konnte man jetzt nach Wärmebedarf direkt über das Feuer oder auch daneben auf die Eisenplatte stellen.

 

Mitte des 18. Jahrhunderts hat man die Eisenplatten dann mit Einsatzringen versehen, die mit aufsteigender Größe einzeln herausgenommen werden konnten. Damit hatte der Topf. auch wenn der Boden des Topfes nicht eben war, einen guten „Kontakt“ zur wärmenden Flamme. Das sparte auch wieder Brennstoff. Es gab dann bald Kochgefäße, Töpfe und Wasserkessel, die einen Kragen hatten. Dadurch war es möglich, das Gefäß in die Öffnung der entfernten Einsatzringe zu setzen. Dadurch wurde das Kochen noch effektiver. Man denke an die mühsame und/oder teure Brennstoffbeschaffung.

 

Die weitere Entwicklung ging dahin, dass man in die gemauerten Herde einen Backofen, auch Back- oder Bratröhre genannt, mit eingebaut hatte. Manche Herde hatten auch ein Wasserbecken, so dass immer, wenn der Herd betrieben wurde, auch warmes Wasser zur Verfügung stand. Die zusätzlichen Einrichtungen wurden von dem Herdfeuer mit Wärme versorgt. Die Rauchgase wurden jetzt statt in einen offenen Rauchfang über ein eisernes Ofenrohr direkt in den Schornstein geleitet. Dadurch wurde durch Wärmeabgabe in die Küche der Brennstoff noch effektiver ausgenutzt. Auch eine Klappe, die die Luftzufuhr stoppen konnte, brachte eine Brennstoffeinsparung, weil, wenn nicht gekocht wurde, das Feuer auf ein Minimum reduziert werden konnte.

 

Seit Ende des 19. Jahrhunderts gab es Herde, die aus Gusseisen von einer Fabrik komplett gefertigt wurden und dann quasi als Möbelstück in die Küchen gebracht werden konnten. Damit konnte der Standort des Herdes innerhalb der Küche frei bestimmt werden. Die auch Kochmaschinen genannten Herde wurden z.T. reich verziert und waren dann tatsächlich fast zu Möbelstücken geworden.

 

Bei uns im Museum ist ein solcher Herd in üblicher Haushaltsgröße zu sehen mit den üblichen Vorräten an Brennstoffen. Ein Wasserkessel mit Kragen ist ebenfalls zu sehen. Eine Besonderheit ist die Rösteinrichtung, die ebenfalls in die Öffnung der entfernten Einsatzringe gesetzt wurde. Damit konnte man Gerstenmalz rösten. Dieses geröstete Gerstenmalz, gemahlen, ergab dann die Grundlage für den Malzkaffee. Bohnenkaffee konnte man sich, zu der Zeit, wenn überhaupt, nur zu Festlichkeiten erlauben.

 

Später wurden die Herde dann der Zweckmäßigkeit angepasst und hatten bis auf die Herdplatte emaillierte Oberflächen. Diese waren leichter zu reinigen was dem gesteigerten Hygienebedarf entsprach.

Während diese „Kochmaschinen“ gerade ihre Hochzeit erlebten, kam schon die nächste bedeutende Neuentwicklung: Im 19. Jahrhundert wurde in England der Gasherd erfunden. Man konnte von nun an auf das beschwerliche Anheizen von Brennstoffen verzichten, drückte nur ein paar Schalter und hatte ohne viel Mühe köstlichen Kochduft in der Nase. Die damals im Einsatz befindlichen Geräte waren nach heutigen Kriterien allerdings alles andere als sicher. Gasexplosionen gehörten zur Tagesordnung.

 

Erst als sich elektrischer Strom in den 1890er Jahren immer mehr durchsetzen konnte, war es nur noch eine Frage der Zeit, auch Herd und Backofen mit den „neuen elektrischen Wellen“ auszustatten. So wurde 1893 auf der Weltausstellung in Chicago der erste Elektroherd vorgestellt.

 

Doch es dauerte bis in die 1930er Jahre, bis der Elektroherd seinen wirklichen Durchbruch erlangte.

 

Mittlerweile ist eine Vielzahl von Garmethoden in den Küchenherd integriert worden: von Heiß- und Kaltluft über Ober- und Unterhitze und Grill bis hin zur Mikrowelle. Der erste Mikrowellenherd wurde 1946 gebaut, war allerdings mit fast zwei Metern Höhe noch etwas unhandlich.

 

In den 1950ern wurden die ersten Geräte für Privathaushalte entwickelt, aber erst in den 1970ern wurden sie für die breitere Masse erschwinglich. Heute besitzen zirka drei Viertel der Deutschen ein Mikrowellengerät. Seit 1984 gibt es noch eine weitere Garmethode: das induktive Kochen.

 

Abschließend noch ein Hinweis in eigener Sache: Unseren Herd und auch die Küche aus dem Kavalierhaus können Sie mit nach Hause nehmen - und zwar in Form einer Postkarte. Schauen Sie bei Ihrem nächsten Besuch gerne unsere verschiedenen Motive durch. Sie finden sie in der Nähe der Leseecke im "alten Amtskrug".


Alle Bildquellen diese Beitrags: (c) Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark