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Heiße Typen im Museum

Etwas zerzaust und abgewetzt. So kam er – der in Textilien und Polster eingewickelte Ziegelstein – kürzlich im Museum an. Man sieht ihm die vielen Jahre an, in denen er stets darauf bedacht war, den Menschen ein behaglich warmes Bett zu verschaffen. Aber auch seine Dienstzeit hatte irgendwann ein Ende. Nun nimmt er neben einigen seiner Kolleginnen und Kollegen seinen Platz im Museumsschlafzimmer ein. Hier können sie nun alle ihren Ruhestand genießen.

 

Wir möchten hier einige dieser Wärmespender aus alter Zeit vorstellen:

 

Der wohl älteste Wärmespender in der Menschheitsgeschichte ist außer der Sonne das Feuer in jeder denkbaren Form. Sei es das offene Feuer, Herde oder Öfen. Hinzu traten andere altbewährte Heizquellen. Dazu gehören die Wärmflaschen, Wärmesteine, Wärmepfannen, Nierenwärmer, Fußwärmer und Handwärmer. Im Laufe der Zeit haben sich zahlreiche Varianten entwickelt.

 

In alten Zeiten wurde im Winter normalerweise nur die Küche durch den Herd beheizt. Bei wohlhabenden Familien auch noch das Wohnzimmer. Alle anderen Räume blieben unbeheizt. Die damals übliche, aus heutiger Sicht unzureichende, Wärmedämmung der Häuser ließ die Temperatur unbeheizter Räume oft bis zum Gefrierpunkt absinken. In Schlafzimmer hatten sich am Morgen an den einfachen Fensterscheiben oft Eisblumen gebildet, die sich aus der Feuchtigkeit der Atemluft an den Scheiben niedergeschlagen hatte. Man stelle sich vor: abends musste man sich in einem eiskalten Raum in ein ebenso eiskaltes Bett legen. Dann dauerte es meistens eine ganze Weile bis der Körper das Bett so weit erwärmt hatte, dass man einschlafen konnte. Deshalb zog man sich zum Schlafen nicht wie heute leichte Bettkleidung, sondern man zog das sogenannte Nachtgewand incl. Schlafmütze an (des Öfteren in Zeichnungen von Wilhelm Busch zu sehen). Aber auch im Nachtgewand brauchte es einige Zeit bis das Bett „Schlaftemperatur“ angenommen hatte. Also brauchte man etwas, mit dem Wärme in das Bett transportiert werden konnte.

Es ist anzunehmen, dass schon die Steinzeitmenschen Steine fanden, die sie im Feuer erhitzten und die gespeicherte Hitze nutzten.  Man wird schon damals möglichst quarzhaltige Steine verwendet haben, da diese die Wärme gut über längere Zeit speichern konnten. Geeignete Steinformen fanden sich im Flussgeröll in den Urstromtälern und auch auf dem Acker.

 

Später verwendete man in ärmeren Familien angewärmte Mauersteine (Ziegelsteine). Sie wurden nach dem Erhitzen auf dem Herd oder in der Backröhre mit Papier oder Stoff umwickelt.

In wohlhabenden Kreisen fand man Wärmer aus Stein und Zinn, später aus Kupfer, Messing oder Aluminium.

 

Steinzeugflaschen aus glasiertem Ton wurden ebenfalls als Wärmflaschen verwendet. Zunächst hat man diese mit Korken verschlossen. Damit waren sie nicht immer wasserdicht, sodass man sie mit Sand befüllte und anwärmte. Spätere Exemplare erhielten einen Bügelverschluss. Geleerte Steinhägerflaschen wurden nach dem II.Weltkrieg oft als Wärmflasche „missbraucht“.

 

Soweit bekannt ist, gab es ab Mitte des 16. Jahrhunderts, ca. um 1520 die ersten mit heißem Wasser zu befüllenden Wärmflaschen aus Zinn. Diese Wärmflaschen wurden von den Zinngießern in Anlehnung an die damals bekannten Schraubflaschen in Flaschenform hergestellt. Daher stammt auch der noch heute gebräuchliche Name Wärmflasche.

 

Später entwickelte Wärmflaschen waren rund oder oval. Exemplare in Form einer Rolle dienten wohl vornehmlich zum Wärmen der Füße.

 

Eine besondere Form stellen die Wärmflaschen mit ein oder zwei kreisrunden Aussparungen dar. Diese „Löcher“ dienten zum Warmhalten von Babyflaschen. Zwei “Löcher“ waren für Zwillinge gedacht. Vermutlich wurden diese Formen nur auf Bestellung oder in geringen Stückzahlen angefertigt.

 

Eine weitere Sonderform stellen die Nieren-, Bauch- und Rückenwärmer dar. Sie waren eher dem Körper angepasst und hatten kleine Ösen, sodass sie, mit einem Riemen um den Hals gehängt, unter der Kleidung getragen werden konnten. Im Museum haben wir ein auffällig großes Exemplar aus Messing ohne Ösen. Hierbei dürfte es sich um einen Bauchwärmer handeln, der der im Bett liegenden Person auf den Bauch gelegt wurde.

 

Ebenfalls im 16. Jahrhundert wurden Bettsteine aus Serpentinstein hergestellt. Dieser Stein wurde schon damals im heutigen Sachsen gefunden. Einen Schwerpunkt bildete der Ort Zöblitz. Der Serpentinstein hatte den Vorzug, dass er die ihm zugeführte Wärme sehr leicht speichern konnte. Außerdem ließ er sich leicht bearbeiten, sogar schnitzen. Noch heute stellt die Fa. Zöblitzer Naturstein GmbH edle Accessoires aus dem Serpentinstein her.

 

Da Kupfer ein besonders vorzüglicher Wärmeleiter ist und sich gut verformen lässt, wurden ab Ende des 17. Jahrhunderts und besonders im 18. Jahrhundert in den Ländern nördlich der Alpen von den Kupferschmieden z.T. sehr künstlerisch gestaltete Bettwärmer gefertigt, die auch unter dem Begriff Wärmepfannen bekannt wurden. Sie waren kreisrund mit einem schön gedrechselten, meist aus Nussbaum oder Kirschholz gefertigten Stiel versehen. Teilweise auch solche mit Metallgriff. Diese Bettwärmer wurden mit glühender Holzkohle gefüllt. Deswegen war der Deckel mit vielen Ziermotiven durchbrochen. Sie dienten zum Auslass der heißen Verbrennungsgase. Vereinzelt jedoch kam es so zu Bränden oder es traten gesundheitliche Schäden ein. Mit diesen Bettwärmern wurde, durch Hin- und Herschieben zwischen Leintuch und Oberbett, das Bett erwärmt. Im norddeutschen Raum bestanden die Bettpfannen überwiegend aus Messing bzw. einer Kombination aus Kupfer und Messing.

 

Nachdem ca. 20 Jahre vor der Jahrhundertwende vom 19. zum 20 Jhd., zunächst sehr zögerlich in den Städten und dann auch nach und nach auf dem Land, der elektrische Strom in die privaten Haushalte eingezogen war, sollte es nicht lange dauern, bis findige Tüftler auch diese Energie in die Wärmflasche leiteten. Solche Exemplare waren aus Sicherheitsgründen mit einer Aufschrift versehen, wonach sie nur eine bestimmte Zeit, z.B. 5 oder 10 Minuten ans Netz angeschlossen werden sollten. Wir haben hier ein rollenförmiges Exemplar aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts abgebildet.

 

Später kamen auch sogenannte Heizkissen bzw. Heizdecken in den Gebrauch. Man brauchte jetzt nicht mehr mit heißem Wasser gefüllte Gefäße ins Bett, zu legen, weil diese Gefäße auch schon mal undicht wurden und dadurch das Bett nässte und für die bevorstehende Nachtruhe unbenutzbar wurde. Die elektrisch betriebenen Heizkissen und Heizdecken waren aber auch nicht ganz ungefährlich. In der Anfangszeit waren diese ungeregelt und hatten auch keinen Übertemperaturschutz, so dass sie im schlimmsten Fall neben möglichen Verbrennungen auch einen Brand auslösen konnten.

 

Seitdem in vielen Küchen heute Mikrowellengeräte anzutreffen sind, benutzt man heute auch gerne sogenannte Körnerkissen. Diese, mit Getreidekörnern gefüllte, flache Leinenbeutel werden in ca. 5 Minuten in dem Mikrowellengerät erwärmt und dann ins Bett gelegt.

 

Wenn auch im Laufe des 20. Jahrhunderts Wärmflaschen und dergleichen mehr und mehr von den inzwischen in den Häusern installierten Zentralheizungen und anderen Systemen verdrängt wurden, so ist doch eine Wärmflasche immer noch willkommen. Heute sind sie meist aus Gummi oder Kunststoff gefertigt und werden – wie in alter Zeit – mit heißem Wasser gefüllt.


Literaturhinweis:

Georg Huber (2000): Wärmfläschen, Wärmsteine und Wärmepfannen. Zur Geschichte der Wärmespender von 1500 bis heute. Husum Verlag, Husum

Bildquellen: Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark