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Carl Friedrich Gauß und der Auftrag seines Königs

Das Team des Richard-Brandt-Heimatmuseums Wedemark setzte die Reihe der internen Fortbildungsmaßnahmen mit einem Besuch bei Carl Friedrich Gauß fort – zumindest in die Ausstellung über sein Wirken im Zusammenhang mit der vor 200 Jahren begonnenen Vermessung des Königreichs Hannover: „Die wahre Vermessung der Welt“.

 

In der bewährten Vorbereitung durch Brigitte Dörfler erwartete das Team eine fachkundige Führung durch die Sonderausstellung im Bomann-Museum Celle. Der Museumspädagoge und Historiker Adrian Schwinge schlug einen weiten Bogen vom jungen und sehr begabten Carl Friedrich zum berühmten Universalgelehrten Prof. Gauß an der Universität Göttingen.

 

Das mathematische Talent des jungen Carl Friedrich fiel sehr früh auf; schon mit 3 Jahren soll er eine Lohnrechnung seines Vaters korrigiert haben. Auch in der Schule verblüffte er seine Lehrer u.a. mit der Lösung dieser Aufgabe: Alle Zahlen von 1 bis 100 addieren. Während seine Mitschüler angestrengt rechneten, legte Carl Friedrich nach wenigen Minuten seine Lösung auf den Tisch: 5.050! Er hatte erkannt, dass jeweils die erste und letzte Zahl der Reihe zu addieren war: 1 + 100 = 101; 2 + 99 = 101; 3 + 98 = 101 usw. Dieses Ergebnis musste nur noch mit der Anzahl der dabei gebildeten Paare (hier 50) multipliziert werden, so kam man zur Gesamtsumme. Diese Begabung wurde von seinen Lehrern gefördert und mit 14 Jahren wurde er dem Herzog in Braunschweig vorgestellt, der seine weitere Ausbildung auch finanziell förderte bis zum Studium der Mathematik, Philologie und Astronomie an der Universität Göttingen und der Promotion durch die Universität Helmstedt.

Jahre später – Gauß war inzwischen Professor an der Universität Göttingen – erhielt er von König Georg IV von Großbritannien und Hannover 1818 den persönlichen Auftrag zur Vermessung des gesamten Königreichs Hannover. Während im Norden, dem heutigen Schleswig-Holstein, das Königreich Dänemark und im Süden das Königreich Preußen bereits weitgehend vermessen waren, sollte die dazwischen bestehende Lücke geschlossen werden. Eine verlässliche Vermessung war auch eine bedeutende Grundlage für militärische Überlegungen und Planungen. Diese Arbeit sollte insgesamt fast 25 Jahre dauern.

 

Für die Landesvermessung verwandte Gauß neue wegweisende praktische Verfahren wie seine Winkelmessung (Triangulation). Um Fehler zu minimieren, bediente er sich Methode der kleinsten Quadrate, dem mathematischen Standardverfahren zur Ausgleichsrechnung. Die Grundlagen dazu hatte Gauß bereits als 18-Jähriger entwickelt.  Zur Verbesserung der Messarbeiten erfand er den mit der Konzentration von reflektierten Sonnenstrahlen arbeitenden Heliotrop, eine Art besonderes Fernrohr mit zwei Spiegeln. Auf diese Weise konnten von erhöhten Punkten wie z. B. Kirchtürmen oder herausragenden Bergspitzen andere Punkte in weiter Entfernung anvisiert und mit einem hellen Punkt markiert werden.

 

Zwischen jeweils zwei dieser so gewonnenen Linien wurde der Winkel gemessen. So  entstand mit dem von ihm geschaffenen System der Triangulation ein Netz von ca. 3000 Messpunkten im gesamten Königreich. Für uns in der Wedemark ist dabei der von Gauß errichtete Messpunkt auf der höchsten Erhebung des Brelinger Berges (die sog. Höhe 92) von besonderer Bedeutung. Von hier konnten der Eckberg im Westen, der Falkenberg im Norden, der Uhrturm des Residenzschlosses in Celle, der Osterberg bei Wettmar und die Aegidienkirche in Hannover – über eine Entfernung von bis zu 30 km anvisiert werden.

Zum Messpunkt auf dem Brelinger Berg findet sich in unserem Museum auf einem Touchscreen ein Video, in dem Schauspieler eine Szene zur Vermessung mit Prof. Gauß und einem Studenten darstellen. Leider ist der Hauptausstellungsraum im Dachgeschoss über der Bibliothek zz. auf unbestimmte Dauer wegen statischer und brandschutzrechtlicher Probleme gesperrt.

Die von Gauß und seiner Mannschaft, zu der auch sein Sohn Joseph gehörte, der in der Hannoverschen Armee als Artillerieoffizier diente, so geschaffenen Messungen und Berechnungen wurden in Karten übertragen; dies waren die ersten verlässlichen Karten, die auf Messungen und Berechnungen beruhten, während bei den Karten zuvor weitgehend auf Schätzungen die Grundlage bildeten. Die Ausstellung zeigt einige Seiten aus der umfassenden Sammlung der Karten, die im Maßstab 1 : 21.333 erstellt wurden.  Nachdrucke dieser erstaunlich präzisen Karten können beim Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung erworben werden, die auf den heute gängigen Maßstab von 1 : 25.000 verkleinert sind. Die gesamte Kartensammlung wurde in einem Atlas zusammengefasst; ein solches Exemplar wird ebenfalls in der Ausstellung gezeigt.

Im Jahre 1856 ehrte der König von Hannover die Arbeit von Gauß und seinem Team durch die Herausgabe einer Medaille mit dem Bild von Gauß und der Inschrift „Mathematicorum Principi“, zu deutsch „Dem Fürsten der Mathematik“. Im Jahre 1991 brachte die Deutsche Bundesbank einen 10-DM-Schein heraus, der auf der einen Seite das Bild von Gauß und die von ihm geschaffene „Gaußsche Normalverteilungskurve“ und auf der anderen Seite eine Skizze der Triangulation sowie eine Darstellung des von Gauß vom Sextanten zum Vizeheliotrop umgebauten Gerätes für seine Vermessungen zeigte.

Nach so vielen Informationen klang der Vormittag bei einem gemeinsamen Essen in „Thaers Wirtshaus“ aus, bevor es wieder zurück in die Wedemark ging.

 

Diese interessante Ausstellung ist im Bomann-Museum noch bis zum 30.Mai dieses Jahres zu sehen.


Fotos: Richard-Brandt-Heimatmuseum Wedemark