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Fortbildung des Museumsteams: Die Geschichte von St. Georg in Mellendorf

Einschränkungen während der Coronazeit führten auch dazu, dass sonst übliche Fortbildungsveranstaltungen für das Museumsteam ausfielen. Als Ersatz bereitete Frau Brigitte Dörfler aus dem Museumsteam eine Reihe von Besuchen in den örtlichen Kirchen der Wedemark mit fachkundigen Erklärungen vor. Nach dem ersten Termin in der katholischen Kirche St. Maria Immaculata in Mellendorf fand nun der Besuch in der Ev.-luth.  St. Georgs-Kirche in Mellendorf statt.

Frau Hannelore Fahnemann begrüßte die Gruppe vor der Kirche und erläuterte fachkundig die Geschichte und die Besonderheiten des Kirchenbaus – angefangen bei dem ursprünglichen kleineren Bau aus dem 14. Jahrhundert bis zur heutigen Kirche, die ihre wesentliche Struktur durch Umbaumaßnahmen im Jahr 1497 erhielt. Das heute weiß gestrichene Kirchenschiff besteht in großen Teilen aus dem hier häufig verwendeten Raseneisenstein. An der Südseite des Kirchenschiffs wies Frau Fahnemann auf eine steinerne Rose an einem Pfeiler hin, die bis heute ein Rätsel aufgibt und möglicherweise ein Geheimnis bewahrt, das bisher nicht gelüftet werden konnte. Links neben der Rose erkennt man heute noch das spitzbögige Portal des Eingangs, der früher von dieser Seite erfolgte. An dem äußerst rechten Pfeiler prangt heute in goldenen römischen Ziffern das Datum 1497 als Hinweis auf die bedeutsamen Umbauten im Äußern und vor allem im Innern der Kirche. Beim Blick von außen auf die Kirche fällt der kleine Anbau im Fachwerkstil auf – die Sakristei, die im Jahre 1714 angefügt wurde.

Heute betritt man die Kirche durch einen 30 m hohen Backsteinbau im neugotischen Stil, der einen hölzernen Vorgängerturm im Jahre 1894 ersetzte. Im weiß getünchten Innenbereich fallen sofort die drei backsteinernen Kreuzgewölbe auf, die den Kirchenraum gleichsam einrahmen. Ansonsten ist der Raum sehr schlicht gehalten. Lediglich 10 von ursprünglich 16 sogenannten Weihekreuzen zieren die Wände, die aus der Zeit vor der Reformation stammen und nach der Reformation mehrfach übermalt wurden, denn alles, was an den Katholizismus erinnerte, wurde damals in den evangelische gewordenen Gebieten aus den Kirchen verbannt.

Auch der Chorraum mit Altar und Kanzel weist einige interessante Besonderheiten auf. Der hölzerne Altaraufsatz ist auf einem massiven Unterbau aus Sandstein errichtet und in ihm war früher auch die Kanzel integriert – dort wo sich  heute das große Kruzifix mit einem Rahmen  befindet. Ursprünglich hatte die Kirche also einen sog. Kanzelaltar. Die aus dem Altar herausgelöste Kanzel steht heute links neben dem Altar. Normalerweise nicht sichtbar und durch ein Tuch abgedeckt sind fünf kleine Weihekreuze, die in die Altartischplatte eingearbeitet sind. Frau Fahnemann schob das Tuch etwas beiseite und konnte dem Museumsteam so zwei dieser fünf Kreuze zeigen, die die fünf Wundmale des gekreuzigten Jesus symbolisieren sollen. Für das Museumsteam hatte Frau Fahnemann die liturgischen Tücher der Gemeinde (sog. Paramente) ausgelegt und erklärte die Farben der Tücher:

 

Weiß: Als Summe aller Spektralfarben ist dies die Christusfarbe des Lichtes und der Auferstehung

Rot: Symbolisiert die Farbe des Heiligen Geistes, des Blutes und der Liebe

Violett: Gilt als Farbe der Buße

Grün: Symbolisiert die Hoffnung und das Wachsen

 

Diese Paramente am Altar und der Kanzel wechseln innerhalb des Kirchenjahres je nach Fest, Zeit oder Sonntag.

Schaut man  vom Altar aus in das Kirchenschiff hinein, dann fällt der Blick auf die Empore, die nach dem Anbau des Kirchturms ihre jetzige Form erhielt, und die Orgel. Heute ist dies ein Instrument mit elektrischem Gebläse, die von der bekannten Orgelbaufirma Schuke 1978 eingebaut wurde. Von der Vorgängerorgel sind heute noch die alten Blasebälge in einem höheren Stockwerk des Turmes zu sehen. Dort befindet sich auch das Uhrwerk der Kirchturmuhr, welches bei der Errichtung des Turmes eingebaut wurde, ebenfalls von einem sehr bekannten Hersteller, der Firma Weule aus Bockenem. Steigt man über eine enge Stiege ein Stockwerk höher, dann steht man vor den beiden Glocken, von denen eine der Ersatz für die Glocke ist, die während des 2. Weltkrieges eingeschmolzen werden musste.

Zum Schluss beschrieb Frau Fahnemann ihren Gesamteindruck von dieser Kirche so: „Es ist ein Raum, in dem ich mich wohl fühle. Die harmonische Farbgestaltung strahlt Geborgenheit aus und die Kirche wirkt auch  mit wenigen Besucherinnen und Besuchern nie leer.“

Frau Dörfler dankte nach diesem lebhaften und sehr interessanten Gang durch die Geschichte der Kirche Frau Fahnemann und das Museumsteam schloss diesen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen in einem nahegelegenen Café ab.

Ein Mitglied des Museumsteams fand in seinem privaten Fundus einen besonderen Briefumschlag, der 1997 mit einem Sonderstempel zum 500. Jubiläum der Kirche in ihrer heutigen Struktur herausgegeben wurde – zufällig mit einer Briefmarke mit Philipp Melanchthon, der in dem selben Jahr geboren wurde. Auch das Wedemark Echo hat damals über den ersten Sonderstempel in der Wedemark berichtet.

Auf besondere Weise wurden Biertrinkerinnen und -trinker auf das 500-jährige Kirchenjubiläum aufmerksam gemacht. Die hannoversche Gildebrauerei brachte damals eine Jubiläumsabfüllung mit einem Abbild der St. Georgs-Kirche auf den Markt.

Und hier noch ein Hinweis: Der nächste Termin in dieser Reihe findet am Mittwoch, dem 22. September, um 15.00 Uhr in Brelingen statt. Herr Friedel Bernstorff wird über die Kirche und den alten Friedhof informieren. Interessierte melden sich gerne bei Frau Brigitte Dörfler unter der Tel.-Nr. 05130 60683 oder per E-Mail unter brigitte.doerfler(at)t-online an. Für Ende Oktober ist ein Termin zur Kirchengeschichte von Elze geplant.


Bildquellen:

Portal der St. Georgskirche: Bild von losch auf wikimedia, CC-BY-SA 3.0

Briefumschlag mit Sonderstempel sowie Ausschnitt aus dem Wedemark Echo vom 04. Juni 1997: Sammlung Peter Schulze, Bissendorf

Alle übrigen Fotos:  Richard-Brandt-Heimatmuseum